Kategorie: Yulis Tagebuch

  • Yulis Tagebuch, Haifa (3)

    Erste Nacht und tausende Gedanken

    Mein Sohn ist schon längst eingeschlafen, aber ich kann es nicht. Der Gedanke, daß sich vielleicht israelische Araber, die unter uns leben, dazu entschließen werden, sich dem Massaker anzuschließen, stresst mich sehr und ich verfolge die Nachrichten am Handy. Solche Gedanken sind keine Phantasie, aber eine sehr traurige realistische Möglichkeit in Israel. Das ist schon passiert während der zweiten Intifada (2000-2005), und viel schlimmer im Jahr 2021 im Monat des Ramadans: Es kam an hunderten Orten im ganzen Land zu einer Reihe gewalttätiger Aktionen von israelischen Arabern. Hunderte wurden verletzt, Juden und Araber getötet. All das parallel neben massivem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen, danach kam es zu einer weiteren Operation „Wächter der Mauern“, um militärisches Arsenal der Hamas zu zerstören. In den gemischten Städten, wie in Jaffa, Haifa, Akko, Lod, in denen die Menschen unterschiedlicher Religionen in unmittelbarer Nachbarschaft leben, warfen arabische Einwohner Molotowcocktails auf Juden, wurden die Straßen blockiert und Juden gelyncht. Meine Freundin, die in Jaffa lebt, hatte Angst, das Haus zu verlassen. Ihr Kind besuchte in Jaffa damals eine zweisprachige Schule, Arabisch-Hebräisch. Solche Schulen streben danach, Menschen, Meinungen, Kulturen und Religionen zu verbinden, um damit Verständnis und Frieden zu bringen. Zur Schule ging das Kind aber nicht, da der Weg dorthin zu gefährlich wurde.

    Ich schaue auf mein Kind, das neben mir schläft, und denke mir, wie viel Güte, Kraft und Vernunft die Kinder in die entfremdete und böse Welt der Erwachsenen mitbringen.

    Ich entschuldige mich für das Abschweifen vom Thema, aber ich frage mich, wie die Europäer reagieren würden, wenn die Einwanderer, die nach Deutschland kommen, so gegen sie rebellieren würden. Wenn ihre arabischen Nachbarn ihnen Schaden zufügen wollten. Ich erinnere mich an die übertriebene und unverhältnismäßige Reaktion der Polizei in Berlin auf die Ereignisse vom 1. Mai gegen junge Linke. Ich war dort und es tat weh. Offenbar kann das Land sich noch nicht vorstellen, was in viel extremeren Situationen passiert, denn dann hätten sie vielleicht die Mittel zur Auflösung von Demonstrationen der Linken gemildert

    Nun stellen Sie sich das Gefühl einfach auf menschlicher Ebene vor;
    stellen Sie sich vor, daß Ihr Nachbar, dem Sie Zucker oder ein Glas Milch gebracht haben, Sie hinrichtet. Die Gedanken wandern zum Holocaust. Und trotzdem, weg über den Holocaust. Über diesen möchte ich gerade in diesem Kontext nicht reden, finde ich doch die gegenwärtigen Geschehnisse in einer Art und Weise etwas anders. Den Menschen in den Kibbuzim wurden im voraus die Chance genommen, den Feind mit gutem Herzen zu einem Freund zu machen. Sie haben die bösen Stimmen ignoriert. Die Politik, die Schwierigkeiten, und das Risiko es in nur 7 Sekunden zum Sicherheitsraum zu schaffen. Sie haben ihre Häuser in der Nähe der Grenze gebaut, weil sie an Frieden geglaubt haben. Somit öffneten sie Türen für die Menschen aus dem Gazastreifen. Und zwar am 7. Oktober war es für sie anders geplant. Die Terroristen kamen mit Karten und Namen, sie wussten schon wer wohnt wo, und wie viele Kindern sie haben. Denn einige von ihnen arbeiteten 30 Jahre lang in den Kibbuzim. Jahrelang aßen sie in den Häusern, in denen sie nun ihre Bewohner geschlachtet haben.

    Vielleicht werden noch mehr arabische Länder Israel angreifen. Im Moment laufen so viele schlechte Optionen in meinem Kopf. Und wir haben keinen Ausweg. Wir müssen mit allem klar kommen, was passiert. Bei Raketenbeschuss gehen wir einfach in den Bunker. Ich hoffe, wir schaffen es in anderthalb Minuten fünf Stockwerke hinunter. Ich denke mir schon. Verdammt, Ich muss es irgendwie schaffen!

    Ich muss wahrscheinlich eingeschlafen sein, denn es war schon Morgen, als die Angst wieder spürbar war. Vielleicht war es alles nur ein schlechter Traum? Ich habe den Fernseher eingeschaltet. Sie haben bereits von tausenden Verletzten, über 1000 Ermordeten, hunderten Entführten in den Gazastreifen und vielen Vermissten gesprochen. Obwohl die Armee die Siedlungen übernommen hat, wird das Bild allmählich klarer. Das schwarze, schreckliche Bild dessen, was passiert ist und immer noch weiter passiert.

  • Yulis Tagebuch, Folge 72

    Yizkor. Erinnern. 

    An diesem Samstag feierten wir Weihnachten und Chanukka. In einer gemischten Familie aus Christen, die konvertiert waren, oder Christen, die Juden geheiratet hatten, oder solchen, die halb Christen sind, leuchtete der mit den kleinen Glühbirnen geschmückte Baum oben und die Geschenke darunter, neben einer farbenfrohen und beleuchteten Hanukkah-Menora auf das Haus und hat uns allen das Herz erwärmt. 

    Haifa ist als gemischte Stadt bekannt, aber auch zu Hause gibt es ein ähnliches Gefühl. Wir sind alle eins und wir sind alle zusammen. Aber die Dinge, die wir durchmachen, machen es uns immer noch schwer, glücklich zu sein und die Stimmung (abgesehen von der Energie der Kinder, die niemals endet) war ziemlich ruhig.

    Als ich mit dem Blog begann, dachten meine Partner und ich, dass der Blog ein mehrmonatiges Projekt sein würde. Wir waren auch  optimistisch, dass die letzte Folge der Rückkehr aller Entführten zu widmen sein würde. Denn die Dinge passieren, weil es irgendwie sein muss. Infolge dessen die Folge des 7. Oktober in der Geschichte des Volkes Israel enden würde. Aus der Zerstörung zu einer Wiedererstehung.

    Und wie wünschenswert war es, dass das Lichterfest, das perfekt mit Weihnachten verbunden war, neue gute Nachrichten mit sich bringt und gute Dinge geschehen. 

    Bleibt halt ein Wunsch. 

    Im kommenden Januar werden die sechs Millionen Menschen, die wegen ihres Judentums ermordet wurden, Weltweit erinnern. 

     Ich  frage mich, welchen Wert der Internationale Holocaust-Tag in einer so gewalttätigen Realität gegen Juden hat.

    Gewalt, gegen ein Baby bis hin zu einem alten Mann, Gewalt die in den besten Universitäten der Welt, auf den Straßen Europas unter ihren Symbolen, die sie repräsentieren, Gewalt in den Konzertsälen von Klassik bis Rockmusik und in der Kunst ihre Legitimität erhält. Mit der Zeit wurde der Internationale Holocaust-Tag zu einem Mahnmal ohne Inhalt. Es lehrt nicht und erinnert niemanden an etwas anderes als an die Vernichtung der Juden.

    Dieser Blog endet  und leider, für alle Menschenliebhaber, wo auch immer sie sind, bleiben die Fragen offen. 

    Und deshalb möchte ich das Kapitel einigen von denen widmen, die an diesem Feiertag der Lichter noch im Dunkeln leben. Für diejenigen, die zurückgekehrt sind und noch da sind, und für diejenigen, die noch da sind und nicht zurückkehren werden. Ich kann die Tausenden Verwundeten, Vermissten und Toten nicht erwähnen. Aber nur ein wenig, um zu veranschaulichen, was uns als Volk immer noch das Licht verbirgt.

    Nave Biton, ist 6,5 Jahre alt. Seine Mutter, Stav, wurde zusammen mit ihrer Freundin an der Meflasim-Kreuzung ermordet als sie aus dem Nova Festival flohen. Sie wurde erschossen und in ihrem auf dem Kopf umgestellten Fahrzeug aufgefunden. Nave sagte dem Reporter, dass er seiner Mutter sehr gerne die Macht von Superman geben würde, damit sie überleben hätte können. Der Vater ist unfähig die Kinder großzuziehen, deshalb ziehen die Großeltern Nave mit seiner jungen Schwester, Riff, groß. Nave‘s Großmutter erklärt, dass Nave nicht nur seine Mutter, sondern in einer Art und Weise auch seine Großmutter verloren hat. Denn „früher habe ich hauptsächlich Spaß mit ihm gemacht. Heute, wo ich Vollzeit zwei Kinder großziehe, habe ich fast keine Zeit mehr mit ihm etwas zu unternehmen.“ Die Großeltern selbst, die schon über  60 Jahre alt sind, lassen sich trotz des Schmerzes nicht fallen. Gebrochen zu sein ist keine Möglichkeit.

    Zwei kleinere Kinder als Nave sind noch in der Gefangenschaft. Ariel und Kfir Bibas sind die jüngsten Kinder der Welt, die gefangen genommen wurden und ihr Schicksal vom 7. Oktober bis heute ist unbekannt.

    Außer ihnen gibt es noch fünf weitere Geschwister in Gefangenschaft, die Zwillinge Ziv und Gali Berman. Yair und Eitan Horn. Arbel und Dolev Yehud, Bruder und Schwester, er wurde in der Gefangenschaft ermordet und sie lebt eventuell noch.

    Ariel und David Cunio,  Eli Sharabi und sein Bruder, Yossi, der in der Gefangenschaft ermordet wurde. Auch die zwei Töchter von Yossi wurden am 7. Oktober ermordet. Die Oma, in ihrer Dunkelheit, wartet seitdem auf ihre beiden Söhne. Alle wurden aus ihrem Haus entführt und ihr Schicksal ist unbekannt. So  viele Familien in den Kibbuzim verschwanden  an dem Tag des 7. Oktober wie vom  Erdboden.

    Auf dem Festival in Re’im wurden acht Geschwisterpaare

    ermordet, darunter Roya und Norelle Manzuri, in ihren Zwanzigern. Yuval und Noam Rabia, in ihren Dreißigern. Aviad und der achtzehnjährige Gideon Rivlin, die auf dem Festival arbeiteten. Alle gingen tanzen, wie Mia und Itay Regev, die entlassen wurden und zu uns zurückkehrten. Obwohl die meisten der Entführten nicht mehr am Leben sind, fällt es  ihren Familien schwer,  richtig zu trauern, ohne dass ihr Sohn oder ihre Tochter nach Hause zurückgebracht werden.

    Vor zwei Tagen wurde der Bericht des Gesundheitsministeriums veröffentlicht, der an die UN weitergeleitet wird. Der Bericht beschreibt die Schrecken, die die Entführten in der Gefangenschaft erlitten haben, andere wurden an ihren Genitalien ausgepeitscht und erlitten dort Verbrennungen. Die Vergewaltigung der Mädchen, der Jungen zu Lebzeiten oder nach ihrer Ermordung beschreibt die Krankheit, die sich hinter den Parolen und dem quasi Besatzungskrieg verbirgt. Es ist wie ein Virus mit einer zerstörerischen genetischen Ladung, der sich von körpereigenen Proteinen ernährt, um diese zu zerstören. 

    Und er wartet nicht nur auf die Leiche des jüdischen Jungen oder der jüdischen Frau. Vielmehr ist es die Grundlage des Glaubens zwischen Erlaubtem und Verbotenem, als Bedürfnis, als Ziel. Und es ist erlaubt. Und es infiziert die Zellen ohne Zögern, Nachdenken oder Widerstand und breitet sich ständig konzeptionell und physisch in der Welt aus.

    Nach langem Überlegen kehrten wir dieses Wochenende nach Haifa zurück. Wir kehrten nach Hause zurück. Ich möchte glauben, dass alle nach Hause zurückkehren werden. Und vielleicht beschließen wir, wieder zu ziehen, aber aus Wahl und richtiger Entscheidung, nicht auf der Flucht. Aber wir sind hier, um zu bleiben. Nicht nur wir, sondern wir alle. Das Jüdische Volk!

  • Hanukkha 1943 en el campo Westerbork, Holanda

    *Ceremonia de encendido de velas de Hanukkah en el campo de tránsito de Westerbork, Holanda, diciembre de 1943.  
    En el sombrío entorno del campo de tránsito de Westerbork, donde se encontraban prisioneros judíos antes de ser enviados a los campos de exterminio, tuvo lugar en 1943 la ceremonia de encendido de las velas de Hanukkah.
     En medio del sufrimiento y la oscuridad, los judíos en el campo encontraron la fuerza para encender velas y orar, como un poderoso gesto de fe, esperanza y memoria de la libertad.
      El encendido de las velas fue un acto de valentía y resistencia espiritual, que simbolizaba la determinación del pueblo judío de preservar su identidad y cultura, incluso en las circunstancias más crueles.
     ✨ Historias como estas nos enseñan sobre el poder de la tradición y la luz que logra mantenernos a salvo incluso en los momentos más oscuros.
     Fuente: Comunidades Plus
    https://whatsapp.com/channel/0029VaSiBVlADTOODozrD82e

  • Yulis Tagebuch, Folge 71

    Einen Kreis schließen

    Ich bin heute in Haifa. Ich bin allein hergekommen, um die Post abzuholen und ein bisschen aufzuräumen. Ich hatte das Gefühl, dass es Zeit wäre, nach Haifa zurückzukehren. Denn ich habe im letzten Jahr zu viele schmerzhafte Gefühle und Erinnerungen mit mir herumgetragen und ich spüre, dass ich meine private Sphäre brauche, um all diese Wunden zu heilen.

    Ich hoffe, Sie verzeihen mir, dass ich bis jetzt keine besseren Nachrichten überbrachte, und dass ich selbst von hier aus keine Macht habe, die Realität zu ändern. 100 Entführte sind immer noch in Gaza, jeder Tag in dieser Hölle schwächt sie noch mehr, und uns ebenso. Denn wir leben in der Gefangenschaft des Trauerns.

    Seit dem 7. Oktober ist die erste Push-Nachricht von Haaretz, um etwa 6 Uhr morgens an jedem Tag, die Anzahl der Entführten und die Tage in der Gefangenschaft zu nennen sowie alles, was vom vergangenen Tag zum Thema zu berichten ist. In Ynet, der größten Zeitung Israels, sind seit dem 7. Oktober die Fotos der Entführten, lebend oder tot, abgedruckt, versehen mit einem Zitat der Mutter, des Vaters oder der Geschwister. Jeden Tag, pausenlos.

    Nun teilte die Familien der Entführten zuletzt mit, hochrangige Beamte hätten ihnen in privaten Räumen gesagt, dass es kein Abkommen geben wird. Das steht im Gegensatz zu den Botschaften in den Medien, die eine Hoffnung nährten, wonach wir „schon lange nicht mehr so nah an einem Abkommen waren“.

    Im allgemeinen dehnen sich die Nachrichten in Israel über das große Desaster vom 7. Oktober aufgrund der laufenden Ermittlungen – jedes Mal wird von einem anderen Geheimdienstoffizier erzählt, der über den Plan von Hamas berichtet hat, von einem Kommandanten, der den ihm vorgelegten Bericht ignorierte oder nicht so ernst genommen hat … – immer weiter aus. Dazu treten Berichte über die Entführten und ihre Familien, bis zur absurden Situation, in der wir uns gerade befinden. Politisch, ökonomisch, oder wie jetzt, wo wir inzwischen im Herzen Syriens kämpfen. Wer hätte gedacht, dass die syrische Regierung so schnell fallen gelassen wird und Israel in wenigen Tagen eine jahrzehntealte Bedrohung aus Richtung Syrien beseitigt und dass sich so schnell eine neue Bedrohung bilden würde?

    Die israelischen Comedy-Shows kommentieren die Lage meist sehr zynisch. So wurde beispielsweise erwähnt, dass wir keine Not an Skigebieten [dem syrischen Golan] haben, im Gegensatz zu der Not, die Entführten zurückzubringen. Ich weiß nicht, wer den globalen „Verkehr“ regelt, aber ich habe das Gefühl, dass es genau derjenige ist, der gestern Abend in Magdeburg den Anschlag initiiert hat. Der Terrorist. Ein Angriff durch Überfahren ist einer der schlimmsten, tödlichsten, unvorhersehbarsten und nicht aufzuhaltenden Angriffe, die es gibt. Im vom Terrorismus geplagten Israel wurden vielerorts Eisenpfähle auf den Gehwegen entlang der Straße aufgestellt, um solche Situationen zu verhindern. Aber es hört trotzdem nicht auf, der Terror findet immer wieder seinen Weg in die Dunkelheit. Und es ist nicht das erste Mal, dass es in diesem Zeitraum in Deutschland zu einem solchen Angriff mit einem Auto kommt (2016 kam es in Berlin zu einem Anschlag, bei dem zwölf Menschen ermordet und Dutzende verletzt wurden. Zwei Jahre später kam es unweit des Eiffelturms zu einem Anschlag, und es gab immer wieder solche Versuche, die glücklicherweise vereitelt worden sind).

    Es ist nicht nötig, die Liste der Angriffe hier aufzuführen, denn die Liste mit der Zeit wird wachsen: Angriffe gegen Juden und Christen durch Muslime, die in westlichen Ländern leben, die den Juden Verbrechen gegen sie vorwerfen.

    Deshalb ist „das Schließen eines Kreises“ eher eine Notwendigkeit als eine Realität. Gerade jetzt, wo immer noch Raketen abgefeuert werden und die Angriffe weitergehen, weiß ich wirklich nicht, wie dieses Jahr enden wird und wie das Leben weitergeht, es wird ein Alltag des Terrors sein, kein Alltag des Friedens und von Normalität geprägt sein.

    Ich weiß nicht, ob der 7. Oktober jemals enden wird und die Entführten zurückkehren werden. Ich weiß nicht, ob ich für immer oder nur für eine Weile hierher zurückkehren werde. Und ich hoffe, dass ich IHN nicht wiedersehe, und dass ER sich nie wieder bei mir meldet. Ich möchte glauben, dass es anders sein wird. Ich möchte daran glauben, dass ich mich bald wieder verlieben werde und dann neue Pläne für die Zukunft mache, die Welt bereise, ohne Angst vor Antisemitismus und Hassbekundungen zu haben. Ich möchte voller Optimismus sein, und wieder aus Freude und nicht aus Verzweiflung lachen.

    Vor einem Jahr, als noch der Geruch von Blut und Rauch in der Luft dieses kleinen Land lag, begann ich, diesen Blog zu schreiben. Seitdem ist viel geschehen, und Ihr habt mich nicht im Stich gelassen. Und dafür möchte ich mich bei Euch von ganzem Herzen bedanken. Das Einzige, was zählt, sind Sie, die Sie sich die Zeit nehmen, zu lesen, was ich schreibe. Danke Ihnen. Nächste Woche, am 31. Dezember, schreibe ich die letzte Folge für Sie und wir verabschieden uns.

    Foto: veröffentlicht in Social -Media

  • Yulis Tagebuch, Folge 70

    Weihnukka

    Dieses Jahr fallen die Feiertage der Christen und der Juden zusammen, Weihnachten und Chanukka finden am selben Tag statt. Vom 25. Dezember bis ins neue Jahr hinein werden wir jeden Tag gemeinsam die Dunkelheit beleuchten. Und vielleicht ist es kein Zufall, sondern ein Plan Gottes. Denn es ist Zeit, dass wir innehalten und uns vereinen. Das Gemeinsame erkennen, aufbewahren, behalten und zu verstehen, dass dieses Gemeinsame größer ist als all jene Verschiedenheiten, die uns trennen und zuweilen direkt auseinanderbringen.

    Am Ende dieses Jahres sind wir gespalten, herzgebrochen und erschöpfter, im ärgsten Fall hasserfüllter als je zuvor. Das gilt nicht nur für die Beziehungen Israels zu anderen Ländern, sondern auch für die Verfasstheit der israelischen Gesellschaft im Inneren. Das auf uns lastende Trauma des 7. Oktober hat die Konflikte in der Gesellschaft letztendlich vor allem verschärft, Armut greift weiter um sich, da alles teurer geworden ist, nicht wenige Familien zerfallen. Die Kluften, die hier entstanden sind, werden nur langsam und zweifellos schwer zu überbrücken sein.

    Der andere Konflikt rührt hauptsächlich vom Image Israels in der Welt her. Ein Image, das seit dem 7. Oktober intensiv durch Veröffentlichungen in den Medien – gleichgültig, ob falsch oder wahr –, und Posts in den sogenannten „Social-Medien“ befeuert wird und im Ergebnis vor allem einen populären Antisemitismus produziert. Seit dem 7. Oktober wird Israel als aggressiv und unmenschlich charakterisiert. Keine Armee, weder die amerikanische noch die britische, ist, als sie in den Irak und in Afghanistan einmarschierten, so beschrieben worden, ja, nicht

    einmal die Wehrmacht in Nazi-Deutschland. Selbst sie wurde angesichts der Gräueltaten der SS von jener unterschieden.

    Die bittere Wahrheit derzeit ist: Die Interpretation der Ereignisse und der Informationsfluss können nicht angehalten, nicht einmal in Frage gestellt werden. Denn die andere „Seite“ möchte mehr mit der Agenda und dieser Weltanschauung gefüttert werden. Eine Weltanschauung, die einen modischen Antisemitismus hervorbrachte, der über Zeitalter, Klassen, Kontinente und Sprachen hinweggeht, der extrovertiert und kompromisslos auftritt und allen alles erlaubt.

    Ich werde jetzt nicht sagen, dass ich auf den Beginn des neuen Jahres warte, dass es dieses Mal besser sein wird, denn das ist unnötig und falsch. Nicht, weil mein Herz gebrochen ist, bin ich pessimistisch. Im Gegenteil, es fiel mir leichter, mich einem albernen und kindischen Optimismus hinzugeben. Ich bin nur realistisch, weil die Dinge in alle Richtungen nicht gut aussehen und ich das Gefühl habe, dass sie nicht gelöst werden, bis eine größere Krise eintritt: etwas Größeres, als das, was wir bisher erlebt haben. Denn die Schwierigkeiten und Krisen verbreiten sich noch wie eine Krankheit.

    Heute wurden erneut Raketen von Gaza nach Aschkelon und in den Kibbuzim im Gazastreifen abgefeuert. Und wer hätte gedacht, dass ich in meinen Tagebuchnotizen 70 Folgen erreiche und die Geiseln dann immer noch nicht wieder hier sind. 100 von ihnen sind noch in der Hand der Entführer.

    Während ein weiterer Herbst vergangen ist und wir erneut in einen kalten Winter eintreten, müssen wir erkennen, dass das so sehnlich erwartete Abkommen, das ihre Rückkehr ermöglicht, noch nicht zustande gekommen ist, weil die Hamas in Gaza und die Hamas

    im Ausland unterschiedliche Interessen verfolgen, verschiedenen Ideologien anhängen und natürlich auch unter äußerem Druck stehen. Jedes Abkommen mit Israel muss für so viele Parteien akzeptabel sein, dass es schon deshalb nicht vorankommt. Die einen wollen auf Trump warten, die anderen bevorzugen Biden, und währenddessen werden unsere Frauen und Männer vergewaltigt und ausgehungert. Immer mehr israelische Künstler werden boykottiert. In der letzten Woche hörte ich, dass Australien mittlerweile einen speziellen Fragebogen für Israelis bei Grenzkontrollen herausgegeben hat. Die dortigen Einwanderungsbehörden verlangen von israelischen Touristen Informationen unter anderem zu Details ihres Dienstes in der IDF, einschließlich Fragen im Zusammenhang mit der möglichen Beteiligung an Kriegsverbrechen.

    Wie kann man diese Welle von Feindseligkeit besiegen? Und wiewohl vor ein paar Tagen in mehreren Ländern Reisewarnungen für Israel verhängt wurden – wer würde denn nach der schrecklichen Berichterstattung, Kritik und Hetze gegen Israel seit über einem Jahr überhaupt noch hierher kommen wollen?

    Anlässlich des heutigen Beginns der Aussage des Premierministers in seinem Prozess erinnerten Yifat Calderon, die Cousine von Ofer Calderon, der noch in Gaza ist, und die Protestaktivisten ihn daran, was wirklich wichtig ist.

    Die Ausstellung von „100 wartenden Zeugen“ zeigte die Namen der 100 Entführten mit einem Bild von Ron Arad über jeden von ihnen. Ron Arad war ein Kampfnavigator, der 1986 gefangen genommen wurde und von dem man danach nie wieder etwas hörte. Sein damaliger Aufenthaltsort und – denn so wird es wohl sein – sein Grab sind bis heute unbekannt. Wird es 100 Rons für Israel geben? Wir denken darüber schon lange nac

  • Yulis Tagebuch, Folge 69

    Google-Übersetzung

    Im Konflikt zwischen Israel und der Hamas, oder zwischen Israel und der Hisbollah halten sich die meisten arabischen Länder um uns herum zurück, denn sie wollen das Feuer in ihrem Land nicht entfachen, was sich möglicherweise auf die Innenpolitik auswirken könnte. Die Beziehungen zwischen und innerhalb der gemäßigten arabischen Länder sind zwar stabil, aber nicht ohne Herausforderungen. Der Aufstieg der Terrororganisation ISIS im Jahr 2014, das „Auferstehen“ von Al-Qaida, die Spannungen zwischen der Achse Iran-Russland-Nordkorea-China, die darin lebenden Palästinenser, die Unterschiede zwischen Christen und Muslimen und zwischen den verschiedenen muslimischen Strömungen in den Ländern: diese und weitere Herausforderungen machen deutlich, wie wichtig es ist, jegliche politische Aufregung zu blockieren und die „Auslöser“ so schnell wie möglich zu neutralisieren.

    Kontrollverlust, wie wir es in 2012 sahen, führte in einigen arabischen Ländern im Nahen Osten zum völligen Zusammenbruch, wie etwa in Libyen und im Irak, und in einigen, wie in Ägypten, Tunesien, im Jemen und jetzt in Syrien, nach Jahrzehnten zu einem Regimesturz.

    Der Bürgerkrieg in Syrien, der im Arabischen Frühling 2011 begann, hat sich in den letzten Wochen verschärft und die syrische und kurdische Rebellenarmee befindet sich bereits in Quneitra, nahe der israelischen Grenze. Amos Harel, der Militärkommentator der Zeitung „Haaretz“, sagt, dass dies nicht passiert wäre, wenn Iran und die Hisbollah im Libanon nicht gegen Israel versagt hätten. „Die Rebellen in Syrien erkannten die Schwäche und Verwirrung in der iranischen Achse und beeilten sich, den Schwachpunkt anzugreifen. Die Überraschung, die Art des Angriffs, die Brutalität der Rebellen, viele von ihnen Al- Qaida-nahe Extremisten, all das erinnert uns an den Überraschungsangriff der Hamas im Gazastreifen. Dies selbst wurde durch die Übernahme großer Gebiete in Ostsyrien und Nordirak im Jahr 2014 durch ISIS-Terroristen inspiriert, die in weißen Toyota-Transportern fuhren.“

    In einigen Tagen erreichten die Rebellen mehr als in 13 Jahren Kampf. Assads Armee flieht und Israel findet sich wenige Tage nach dem Waffenstillstand im Libanon mit einer Armee von Al- Qaida-Kämpfern nahe seiner Grenze wieder und wird nun von einer Invasion aus Syrien bedroht. Auch wenn die Bedrohung nicht aktuell ist, hat sie längerfristig Konsequenzen, nicht nur für den Staat Israel, sondern auch für die arabischen Länder in der gesamten Region, einschließlich derjenigen mit einem stabilen Regime.

    Nun fällt die schiitisch-muslimische Achse auseinander oder ist zumindest schwer beschädigt. Die Mobilisierung der Hisbollah- Armee um Assads Armee zu helfen, ist nicht mehr da, und auch die iranische Al-Quds-Truppe haben aus der Luft oder vom Boden Syrien verlassen. (Parallel wurde bekannt gegeben, dass Iran die Uranproduktion beschleunigen wird, aus Panik wahrscheinlich. Ich bin aber auch nicht sicher, ob das wahr ist). Und während Assads Frau und Kinder in Russland Zuflucht fanden, kündigt Putin, Assads Verbündeter, an, dass er mit der Ukraine beschäftigt sei und sich nicht in die inneren Angelegenheiten Syriens einmischen könne und wolle. Vor diesem Hintergrund unternimmt die Hamas zum ersten Mal einen Schritt in Richtung eines Geiselabkommens und stellt als ersten Schritt in Richtung einer Einigung Kontakt zu palästinensischen Fraktionen her, die die entführten, tot oder lebendig, festhalten. Eben habe ich im Fernsehen gesehen, dass die Hamas die Forderung, das Kriegsende als Bedingung des Abkommens, aufgegeben hat. Ist das wahr? Hält der Vorschlag mehr als ein paar Tage? Denn heute früh veröffentlichte die Hamas ein Video des Entführten Matan Tsangauker, dessen Mutter Einat seit dem 7. Oktober keinen Moment geruht hat, für seine Rückkehr zu kämpfen.

    Sein Video war schmerzlich bewegend, als er zu seiner Mutter spricht und ihr sagt: „Ich sehe alles, was du tust. Ich warte darauf, zu Hause zu sein und mit Dir unter einem Tisch zu sitzen.“ Es stimmt also, „unter einem Tisch zu sitzen“ nicht. Aber Matan hat einen Text gelesen, einen Text, der wahrscheinlich mit Google- translate von Arabisch in Hebräisch übersetzt hat. Aber es rührte mich trotzdem zu Tränen, ihn lebend zu sehen, dass er relativ stabil aussah und zu hören, dass er nicht allein ist. Vielleicht, dass die Familie Bibas auch dort ist? Was ist mit ihnen? Wie kann man schlafen gehen und vergessen, dass ein Kind, das inzwischen zwei Jahre alt geworden ist, sich seit 14 Monaten in Gefangenschaft befindet ?

    Nach Angaben der Hamas sind 33 Geiseln tot, der Rest wird vermisst
    Die Hamas gab bekannt, dass während des anhaltenden Konflikts mit Israel 33 Geiseln getötet wurden, ohne ihre Nationalität anzugeben. Die Gruppe berichtete außerdem, dass weitere Geiseln vermisst würden, und warnte davor, dass fortgesetzte israelische Militäraktionen zum Verlust aller Geiseln führen könnten.                                                                     Quellen: Communities Plus
  • Yulis Tagebuch, Folge 68

    Abrüsten

    In unserem letzten gemeinsamen Monat möchte ich über die wichtigsten Dinge sprechen. Andererseits bin ich erschöpft von allem und traurig und das Gefühl der Trennung von Euch erschwert mir noch mehr die Fähigkeit zur Konzentration. Abschiede fallen mir schwer. So war es immer bei mir. Ich gehe damit nicht gut um. Normalerweise entscheide ich mich dafür, schnell Schluss zu machen oder einfach ein Thema zu finden, worüber ich streiten kann, um Schluss zu machen. Und wenn dann die Tränen pausenlos laufen und ich bedauere, alles was ich gemacht habe, und dass ich mich nicht richtig verabschiedet habe. Seitdem ich Mutter geworden bin, bin ich nicht mehr so impulsiv und möchte mich nicht verabschieden, sondern jeden und alles, was ich liebe, endlos in den Arm nehmen und umarmen.

    ER wurde letzte Woche verheiratet. So habe ich mich beim letzten Telefonat mit ihm kurz verabschiedet. „OK. Tschüss“ habe ich gesagt. Und dann bin ich ein bisschen gestorben.

    1997 gründete Peres das „Peres Center for Peace“, das seine Vision eines „neuen Nahen Ostens“ reflektiert. Der neunte Präsident verwendete diesen Begriff im Laufe seiner jahrzehntelangen Karriere unzählige Male, um seinen tiefen Wunsch zum Ausdruck zu bringen: Friedliche Beziehungen zu den benachbarten arabischen Ländern aufzubauen. Obwohl Peres im Jahr 2016 verstarb, blieb seine Vision der israelischen Politik präsent, sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite, auch wenn es sich nicht direkt in der israelischen Politik so widerspiegelt. Indirekt wurde seine Vision Teil des israelischen Ethos.

    Die Abraham-Abkommen von 2020 waren ein integraler Bestandteil dieser Vision, auch wenn das Interesse hinter diesen Abkommen sowohl das von den USA als auch von Israel war. In der Praxis gab es schon jahrelang ökonomische und strategische Kooperationen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen

    Emiraten. Israelis reisten schon lange vor dem Abraham- Abkommen dorthin und unterhielten gute Sicherheits- und Wirtschaftsbeziehungen.
    Viele Israelis reisen ob in der Gruppe oder allein auch nach Marokko.

    Sogar israelische Fernsehsendungen wurden dort produziert, wie „Avudim“ (Verloren), wo Menschen, die nach Verwandten ersten Grades wie Eltern oder Geschwistern suchen, oft nach Marokko reisen.

    Wenn man sich also anschaut, was dem Abraham-Abkommen vorausging, sieht man Zusammenarbeit und Offenheit, die über dieses oder jenes Friedensabkommen hinausgehen, und es basiert zunächst einmal auf Vertrauen und gutem Willen, die weit über das eine oder andere Abkommen hinausgehen. Die Abraham- Abkommen machten lediglich die Beziehungen zwischen den Ländern offiziell.

    Seit dem 7. Oktober, während des Krieges in Gaza gegen die Hamas und im Norden gegen die Hisbollah, bewiesen die Beziehungen zwischen den Ländern ihre Ernsthaftigkeit und diese Vereinbarungen standen in außergewöhnlicher Weise dem Druck von innen und außen gegenüber. Darüber hinaus bewies die Zusammenarbeit zwischen den Ländern, auch beim Angriff auf den Iran und beim iranischen Gegenangriff auf Israel, das tiefe Engagement und das gemeinsame gegenseitige Interesse der Länder, die dieses Abkommen unterzeichnet haben.

    Das Interesse klingt hier nach etwas Negativem, aber ich möchte erwähnen, dass die Zusammenarbeit auch vor dem Abkommen stattfand und ihre Bedeutung und ihr Potenzial dank der Abraham- Vereinbarungen zugenommen und intensiviert wurden. Dies ist möglicherweise eines der wenigen guten Dinge, die unter der Trump-Regierung passiert sind.

    (Fortsetzung im nächsten Kapitel)

    Bei einer Razzia von US-Bundesagenten in der Zweigstelle „Students for Justice in Palestine“ der George Mason University fanden Agenten moderne Schusswaffen und Dutzende Munition sowie ausländische Pässe und Fahnen.Es scheint, dass Hamas- und Hisbollah-Anhänger in den USA nicht nur Banner, sondern auch Waffen haben.
    Quelle: Communities Plus
    https://whatsapp.com/channel/0029VaSiBVlADTOODozrD82e


  • Yulis Tagebuch, Folge 67

    Der Anfang vom Ende

    Diese Woche wurde ein Waffenstillstandsabkommen mit dem Libanon unterzeichnet und der Waffenstillstand trat in Kraft. Seither hat Israel bereits mehrfach im Libanon angegriffen, weil die Vereinbarung, nicht ganz überraschend, von der Hisbollah gebrochen wurde.

    Mitten in diesem Chaos rief die israelische Regierung die Einwohner Israels dazu auf, in den Norden zurückzukehren, parallel wurden die meisten Beschränkungen aus dem vergangenen Jahr aufgehoben. Tatsächlich kehrten Einwohner in den Norden zurück, fühlten sich aber dort nicht wirklich sicher und so blieben ebenso viele dort, wo sie im letzten Jahr gelebt haben. Denn das jetzt vorgefundene Haus ist nicht dasselbe Haus, das man zuvor verlassen hatte, und auch die Stimmung ist anders. Nach mehr als einem Jahr in den Norden zurückzukehren, bedeutet, an einen zerstörten Ort zu kommen, an dem es nach Rauch riecht und über allem ein Gefühl der Unsicherheit über die Zukunft liegt. Es geht darum, die Straßen, die Häuser, zugleich den eigenen Körper und die Seele, aber ebenso die Natur, neu zu beheimaten sind nicht zuletzt die Tiere, insgesamt wiederherzustellen.

    Selbst das Museum im Ghetto-Fighter-House, das erste Holocaust- Museum der Welt, droht aufgrund der wirtschaftlichen Schäden, die es durch den Krieg erlitten hat, geschlossen zu werden. Seit mehr als einem Jahr kamen keine Besucher, es gab keine Veranstaltungen mehr und trotz des Raketenbeschusses, dem das Gebäude ausgesetzt war, gibt es noch keine finanzielle Quelle für eine Entschädigung, obwohl im Parlament zugesagt.

    In Kürze wird das Jahr zu Ende sein, aber am Horizont gibt es immer noch nichts Freudiges. In der Tat nehmen dieSchwierigkeiten aus allen Richtungen und die Schmerzen zu. Beispielweise steigt die Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2025 von 17% auf 18%. Das heißt, wir zahlen für alles noch mehr, zusätzlich zu der kräftigen Preiserhöhung des letzten Jahres. Und der Krieg ist längst nicht vorbei. In Gaza gibt es immer noch 101 Entführte und die Raketenbeschüsse und Drohnenangriffe gehen weiter. 101 Entführte. Frauen, Mädchen, Kinder, Jungen, junge Männer und alte Männer, die darauf warten, nach Hause zurückzukommen.

    Auf den Fotos der Entführten, die im ganzen Land (an den Kreuzungen, auf Straßenschildern, an Autobahnen usw.) seit mehr als einem Jahr hängen, wurde das dort angegebene Alter mittlerweile gelöscht und ein aktuelles eingesetzt. So wird das gelbe Band, das überall zu sehen ist, ist von Tag zu Tag schmerzhafter. Denn unser Gefühl, dass es kein Abkommen geben wird, wird immer stärker; und wenn es eines geben sollte, werden wohl von dort nur Leichen zurückkehren. Und selbst das ist nicht sicher, werden alle Getöteten gefunden werden?

    Der Vater von Liri Elbag sagte unlängst in einem Interview, er sei bereits so verzweifelt, dass er sich mit der Bitte um Hilfe selbst an organisierte Kriminelle gewandt habe. Damit hat er sich und sein Leben riskiert, ohne Zweifel. Das sei ihm ohne seine Tochter aber nichts wert. Er zahlte viel Geld, aber leider auch das funktionierte nicht.

    Nach Sinwar nutzt die Hamas weiter die Gelegenheit, um uns psychologisch zu verletzen. Heute veröffentlichte sie ein weiteres Video von einem der Entführten. Zu sehen war Idan Alexander. Idan wirkte gebrochen, als leide er unter Schmerzen. Er spricht zu seiner Mutter, Großmutter und zu seinem Vater und bittet sie, stark zu sein, während er im Inneren wohl zusammenbricht. Ich schaue das Video voller Schuldgefühle und Ekel an. Schuldgefühle, weil die Regierung nicht genug tut, um ihn zurückzuholen und Abscheu vor dem Bösen in dieser Welt und der schmutzigen Politik. Wie schon so oft sind wir wieder eine durch den Schmerz gespaltene Nation, die keinen Frieden kennt, während überall ein inneres Gefühl der Unsicherheit herrscht. Etwas in uns geschieht. Inmitten all dieses Wahnsinns laden uns Freunde aus der Ukraine ein, mit ihnen das neue Jahr zu feiern. Sie laden einen Weihnachtsmann ein, damit er die Kinder unterhält. Es scheint mir, um es ehrlich zu sagen, das Beste, was am Ende dieses Jahres passieren kann: Sich zu betrinken und kurzzeitig Illusionen und das Vergessen zu genießen.

    Ich wollte IHN nicht erwähnen, da ER und ich seit über einem Monat keinen Kontakt mehr hatten. Ich habe gehört, dass ER eine nette Frau kennengelernt hat. Schön für sie. Ich, im Gegenteil dazu, in Momenten, in denen es niemand sieht, breche zusammen. Und ich kann nicht vorhersehen, was in einer Woche passieren wird. Alles ist in dichten Nebel gehüllt. Ich weiß nicht einmal, ob ich hierbleiben oder nach Haifa zurückkehren soll. Ich versuche auch zu verstehen, was gut für mich ist. Sollte ich zurückgehen, weil ich von dort komme, oder hierbleiben, mit der Familie, und etwas Neues schaffen?

    Ich weiß nur, dass ich mich in ein paar Wochen von Euch verabschieden muss, und noch nichts ist vorbei.

    Vielleicht näher als je zuvor an einer Einigung über die Freilassung von Gefangenen. Es gibt ägyptische Vermittlung, nordamerikanischer Druck und die Katarer üben Druck auf die Hamas aus, ihrer Forderung nach einem vollständigen Waffenstillstand nachzugeben ein Ausweg aus dem ernsten Problem.
    Quelle: Communities Plus
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  • Yulis Tagebuch, Folge 66

    Moran Stella Yanai

    Möglicherweise wird erwartet, dass ich jetzt über die Haftbefehle schreibe, die der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag gegen Netanyahu und Gallant verhängte. Ich habe aber beschlossen, mich in dieser Woche etwas anderem, mir sehr Wichtigem zu widmen.

    Vor vier Tagen wurde erstmals ein Video von Moran Stella Yanai (40), eine der Entführten des Nova-Festivals, die in der sechsten Runde freigelassen wurde, veröffentlicht. Yanai war zum Nova- Festival gefahren, um von ihr selbst entworfenen Schmuck zu verkaufen und sie wurde nach Gaza entführt.

    Moran Stella Yanai möchte keinesfalls als Opfer betrachtet werden. Etwa kämpfte sie mit den Terroristen, die sie entführt hatten. 13 Männer mussten ihr das Bein brechen, um sie zu neutralisieren und tragen zu können. Eine wahre Kriegerin kein Opfer. Moran Stella Yanai war 54 Tage lang Hamas-Gefangene. Am 26. Oktober sprach sie auf der wöchentlichen Demo für die Entführten und sagte: „Jeder Tag in der Gefangenschaft war ein weiterer Kampf, bis ich aufhörte, die Tage zu zählen, denn in der Gefangenschaft war jeder Tag, der verging, wie ein Stich ins Herz. Die Zeit in der Hölle hat keinen Wert. […] Es ist mir wichtig zu sagen: Wenn es rechtzeitig zu einem Abkommen gekommen wäre, wären möglicherweise viele Entführte, Soldaten und viele Bewohner hier bei uns gewesen. Viele von ihnen kamen nicht zurück, weil wir uns entschieden hatten zu warten, und das Warten führte zu immer mehr Opfern.“

    Ja, immer noch kein Abkommen. Derselbe Bibi, der einen Haftbefehl erhalten hat, unternimmt nichts, um die anderen Entführten nach Hause zurückzuführen. 101 Entführte, für die jeder Tag eine Ewigkeit ist. Yifat Hayman, die Mutter von Inbar Hayman, die ebenfalls vom Nova-Festival entführt und in Gaza

    ermordet wurde und deren Leiche immer noch von der Hamas festgehalten wird, sagte bei derselben Demo: „Die tote Inbar wird immer noch in Gaza von der Hamas festgehalten und wir kämpfen für ihre Rückkehr für eine ordnungsgemäße Beerdigung im Lande Israel. Nach einem Jahr und unzähligen Gedenkfeiern habe ich das Gefühl, dass wir jedes Mal aufs Neue ermordet werden. Mein Herz brennt.“

    Vor vier Tagen, am 18. November, wurde ein Video von der „Debatte“-Veranstaltung veröffentlicht. Die „Debatte“ fand in Los Angeles im Juni statt. An ihr nahmen Monad Hassan Yosef (bekannt als der „Grüne Prinz“, Sohn des Führers der Hamas in Judäa und Samaria), Moran Stella Yanai, Professor Dov Waxman, Direktor des Center for Israel Studies an der University of California (UCLA), Los Angeles, und Aidan Doyle, pro- palästinensischer Aktivist und Organisator des Protestcamps an derselben Universität, teil.

    Das Video ging am letzten Tag mit dem zweiten Teil des Interviews ins Netz, in dem Yanai zu Doyle spricht. In diesem jetzt veröffentlichten Abschnitt holt Yanai kurz Luft, bevor sie beginnt, und sagt zu Doyle, dass sie mit ihm auf Augenhöhe sprechen möchte, was ihr sehr schwerfiele: „Als ich nach Gaza gebracht wurde, wurde ich drei Mal entführt. Das letzte Mal wurde ich von 13 Hamas-Terroristen gefangen genommen. Hast Du schon einmal Israel besucht? Warst Du schon einmal in Gaza? Wenn Du die Bürger von Gaza verteidigst, unterstützt Du, dass Frauen keine Rechte haben, weil sie dort, in der arabischen Gesellschaft, keine Rechte haben. Sprichst Du über Völkermord? Am 7. Oktober erzählten mir Hamas-Terroristen, dass sie nichts vom Nova-Fest wüssten, sie erzählten mir, dass sie vorhätten, so viele Juden wie möglich in Beer Sheva, Tel Aviv und Haifa zu töten. Sie wollten alle abschlachten. Vielleicht glaubst Du mir nicht, aber ich kann Dir Videos zeigen, die ich dort (in Nova) aufgenommen habe. Weißt Du, wie viele Leichen ich dort gesehen habe?

    Als ich nach Gaza kam, sah ich, wie 100 Prozent der Bewohner meine Entführung feierten. Ich wusste nicht, dass es noch andere Entführte gab. Alles, was ich sah, war, dass 100 Prozent der Menschen um mich herum mich lynchten und mich schlugen, als ich ein gebrochenes Bein und blaue Flecken hatte. Weißt Du, dass ich sie kein einziges Mal verflucht habe? Ich habe sie respektiert, auch wenn sie mich misshandelt haben, weil ich glaube, dass man Respekt zeigen muss, um Respekt zu bekommen.“

    Yanai bezieht sich später auf Doyles Rede und sagt ihm, während Doyle Schwierigkeiten hat, ihr in die Augen zu sehen: „Ich würde wünschen, dass wir ein persönliches Gespräch ohne Publikum führen könnten. Denn es ist in meinen Augen schrecklich, dass Leute solche Meinungen haben, und dazu möchte ich wirklich Deine Seite zu hören. Das ist meine Agenda, ein Zusammenleben zu leben.

    Wir gingen tanzen, wir haben niemanden angegriffen. Sei nicht verärgert, ich frage Dich als Menschen: Unterstützt Du diese Aktionen? Wenn diese Ereignisse nicht stattgefunden hätten, würden wir dann hier sitzen? Ich bitte Dich nur um eines, denn ich sehe, dass Du Dich nicht wohl fühlst. Überprüft die Fakten auf beiden Seiten, das macht das Leben besser.“

    WAFFENSTILLSTAND ZWISCHEN DEM LIBANON UND ISRAEL WURDE VERKÜNDIGT, DER DIE HIZBOLLAH EINHALTEN WÜRDE.
     Neuigkeiten in der Entwicklung
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  • Yulis Tagebuch, Folge 65

    Dilemma

    Donald Trump wurde soeben zum Präsidenten der USA gewählt und die Wahlen werden, wie stets, auch immense Auswirkungen auf Israel haben. Gleichzeitig entließ der Premierminister Verteidigungsminister Galant und er ersetzte ihn mit einer Person, die zuvor Verkehrsminister und später Außenminister gewesen war. Das ist einfach lächerlich, denn es ist sehr fraglich, ob er in der Lage ist, mit den Amerikanern eine sachliche Diskussion auf Englisch zu führen und sie zu verstehen. Sicher ist, dass die Entscheidung, den für Israel hervorragenden Verteidigungsminister gerade jetzt zu entlassen, nur auf den persönlichen Interessen von Binyamin Netanjahu beruht, der uns weiterhin vernachlässigt.

    Parallel wartet Israel auf den Angriff des Iran. Gestern drohte man von dort mit einem Cyberangriff, der vielleicht schon geschehen ist oder auch nicht – ich weiß nicht, ich habe die Nachrichten in den letzten Tagen nicht gewissenhaft verfolgt, weil ich mit dem Semesterstart viel Arbeit hatte. Gleichzeitig schreitet meine Archivrecherche voran und da entdecke ich Texte, die in den siebziger Jahren entstanden sind, aber so klingen, als wären sie erst vor ein paar Tagen geschrieben worden wären.

    Ich paraphrasiere jetzt das, was damals gesagt wurde, denn ich bin noch nicht bereit, den Sprecher, den Ort und die Zeit zu veröffentlichen: „Schon die Tatsache, dass wir Juden sind, ist eine Schuld. Und es gibt ein System, das über diese Schuld urteilt. In diesem System ist es möglich, dass wir angegriffen, aber als die Aggressoren bezeichnet werden.

    Denn wenn ein erklärter kämpfender Feind Ehrenmitglied der Justizinstitutionen der Nationen wird, die uns outen/verurteilen oder mit einem Boykott drohen. Hier ist es möglich, dass

    Bewegungen, die Frauen und Kinder töten, als unterdrückte Befreiungsbewegungen bezeichnet oder anerkannt und beschrieben werden und wir vor Gericht stehen und wegen Nazi- Akten angeklagt werden.“ (Y.B.A.)

    Ich denke an diese Worte, die kurz nach dem Jom-Kippur-Krieg gesagt wurden und ich denke, dass heute die existenzielle Gefahr für den Staat Israel tatsächlich nicht von seinen Nachbarländern ausgeht. Gaza ist kein Staat und der Libanon wird nicht als Feind angesehen, wie die dort herrschende Organisation der Hisbollah. Jene Gefahren entstammen tatsächlich weiter entfernten Ländern, jenen, die Hass und Antisemitismus fördern und sie geschehen lassen.

    Israel hat im Nahen Osten Bündnisse geschlossen, insbesondere in den letzten Jahren mit den 2020 „Abraham-Abkommen“, parallel mit dem Zerfall von Ländern wie Libyen und Irak, die einen fruchtbaren und wohlhabenden Nahen Osten hätten schaffen können. Aber der Antisemitismus ist stärker als jede Logik und so tief in der Menschheit verankert, dass er durch die Friedensverträge mit seinen Feinden noch hasserfüllter wird.

    Diese frustrierenden Gedanken gehen mir ständig durch den Kopf. Die Schuld, die Opfer, das Böse in der Welt, der Schmerz, die Liebe, der Wunsch zu lieben und geliebt zu werden, der Wunsch, zu beschützen und sich beschützt zu fühlen. Eine kultivierte Unterhaltung mit Menschen in der Welt führen und zu wissen, dass es möglich ist, meine Meinung zu teilen, aber ebenso vielleicht auch nicht und dennoch verständlich zu sein.

    Nun genug des Hasses … Warum müssen die Menschen so sehr hassen? Es spielt überhaupt keine Rolle, welches Geschlecht, welche Religion oder welche Hautfarbe eine Person hat. Das Leben ist zu kurz, um es mit hasserfüllten Gedanken zu verschwenden. Am Ende sterben wir alle, ahnungslos sowieso …

    Ja, die Dummheit hat mich diese Woche sehr gut angetroffen. Als wir vom Schwimmunterricht zurück ins Auto stiegen, heulten ein paar Minuten später die Sirenen. Wir fuhren in dem Moment über eine Brücke. Wir blieben an einer roten Ampel stehen, ich öffnete die Fenster und sah am Himmel das helle Licht, das gleich explodieren sollte. Ich sagte zu meinem Sohn: „Wir müssen aus dem Auto aussteigen und uns verstecken, weil es nicht sicher ist, im Auto zu bleiben.“

    Die Sirenen heulten im Hintergrund weiter. Die Ampel war grün. „Mama, halt nicht an, fahr weiter.“ Drei riesige Explosionen über uns am Himmel. „Vielleicht halten wir hier an?“, fragte ich. Wir standen an einer Kreuzung, alle Autos waren leer, nur ich und mein Sohn saßen noch im Auto. „Weißt Du, dass es wirklich gefährlich ist, dass wir hier sitzen? Weißt Du, dass das Auto in einer Sekunde in Flammen aufgehen kann, wenn Raketenteile in unserer Nähe oder auf uns fallen? Warum höre ich Dir zu und wir steigen nicht aus dem Auto? Es ist falsch!“

    Mir wurde klar, dass ich mit einem sechsjährigen Kind diskutierte, anstatt es aus dem Auto zu holen und in Deckung zu gehen, um es zu beschützen. Ich erstarrte. Ich gebe zu, dass ich Angst davor verspürte, aus dem Auto auszusteigen. Ich hatte Angst, dass ich es nicht aushalten würde, dass ein anderes Auto vorbeifahren und wir angefahren werden würden.

    In welchem Dilemma stecke ich in meinem Leben, nur weil wir Juden sind. Allein die Tatsache, dass wir Juden sind, ist unsere Schuld, aber das wurde schon gesagt …

    Sie reden über friedenssuchenden Krieg. Die Hisbollah sagt, sie werde Tel Aviv heute um 20:45 Uhr angreifen.
    Quelle: Communities Plus
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