Yulis Tagebuch, Folge 42


Fünfte Runde

Zeitung: In Amsterdam wird ein Tisch für die Entführten vorbereitet

Zehn Frauen im Alter zwischen 18 und 84 Jahren sind seit heute Abend frei und kehren nach Hause zurück. Mit ihnen entlässt Hamas auch zwei thailändische Staatsbürger. Auch sie werden vor ihrer Rückkehr nach Thailand im Krankenhaus in Israel untersucht und medizinisch behandelt. Ihre Namen sind Patayanot Tunsakari und Awat Suriyasi. Entlassen aus der Geiselhaft sind auch Mia Lemberg (18) mit ihrer Mutter Gabriela (59) und ihrer Tante Clara (63) aus dem Kibbuz Nir-Yitzhak. 

Am 7. Oktober empfingen die Tante Clara Marman mit ihrem Partner Louis Herr ihre Schwester Gabriela Lemberg, deren Tochter Mia und ihren Bruder Fernando Marman zum Feiertag. Und dann sind alle fünf Familienmitglieder aus dem Kibbuz in den Gazastreifen entführt worden. Drei von ihnen durften nun zurückkehren. Die Familie Marman ist aus Argentinien nach Israel eingewandert. Clara, von Beruf Kindergärtnerin, kümmerte sich 30 Jahre lang um alle Kinder des Kibbuz. 

Auch die 78jährige Tamar Metzger, die gemeinsam mit ihrem Mann in die Hände der Hamas fiel, kehrt heute zurück, er dagegen muss in Gefangenschaft bleiben. 

Ebenfalls entführt waren die 75jährige Ada Sagi aus Nir-Oz und Merav Tal (54), die aus Rishon-Le Zion nach Nir-Oz gekommen war, um gemeinsam ihrem Partner den Feiertag zu feiern, sie beide wurden heute freigelassen, aber ihre Partner sind noch immer in Gefangenschaft. 

Foo. Kredit

Auch Norlin Agujo (60), die von den Philippinen stammt und in Yehud-Monosson lebt, besuchte ihren Partner zu den Feiertagen und geriet in die Hände der Entführer. Sie wurde nach 52 Tagen freigelassen, ihren Partner dagegen hat man getötet. 

Rimon Kirsht Buchstab (36) wurde ebenfalls mit ihrem Mann aus ihrem Haus in Nirim entführt, sie kehrt heute zurück, während ihr Mann weiter in Gaza festgehalten wird. 

Die 77jährige Ophelia Rothman, die aus Nahal-Oz entführt wurde, und die 84jährige Ditza Heyman aus Nir-Oz kehren nach Hause zurück. Ditza ist eine der Gründerinnen des Kibbuz und kümmerte sich jahrelang um die Babys von Nir-Oz. Sie war am 7. Oktober allein zu Haus in Nir-Oz. Ihre Tochter Neta rief an diesem Morgen an, doch da war Ditza nicht mehr erreichbar. Am Nachmittag dieses Tages versuchten ihre Kinder erneut, sie anzurufen. An das Telefon ging ein Terrorist, der auf Englisch sagte: „Es ist Hamas, es ist Hamas.“ Ein paar Tage später sahen die Kinder ihre 84jährige Mutter in einem Video im Auto auf dem Weg nach Gaza.

Als Mia Lemberg aus dem Fahrzeug des Roten Kreuzes stieg, hielt sie ihren kleinen Hund in der Hand. In dem Moment dachte ich, dass das nicht wahr sein könnte. Nachdem die Terroristen in den Kibbuzim so viele Hunde ermordet, Hunderte von Kühen erschossen, Pferde gestohlen hatten. Es war für mich sehr überraschend, lebende Menschen zurückkommen zu sehen und jetzt sogar einen Hund! Es hatte etwas Surreales an sich, Mia zu sehen, sie im Schlafanzug, von maskierten Terroristen umgeben einen kleinen weißen Hund in der Hand haltend. Allerdings schien sie selbstbewusster und stärker zu sein als alle, die bisher entlassen sind. Ich vermute, dass es etwas Tröstliches und Therapeutisches war, mit dem vertrauten Hund gemeinsam in Gefangenschaft zu sein. Das hat sie sicher stärker gemacht. 

Foto: Kredit arabisches Netzwerk Mia Lemberg und der Hund

In jeder Runde kehren auch ausländische Staatsbürger zurück bzw. Gefangene, die die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen. Einige von ihnen leben dauerhaft in Israel und besitzen deshalb die israelische Staatsbürgerschaft, manche kamen hierher, um eine bestimmte Zeit zu arbeiten und mit dem Verdienst ihre Familien in ihrer Heimat zu unterstützen. Schließlich sind unter den Entführten auch Menschen, die lediglich ein kurzer Besuch nach Israel führte. Thailänder, Argentinier, Russen, Deutsche, Amerikaner, Niederländer, Chinesen, Südafrikaner, Araber und viele andere. Wer noch nie in Israel war, kennt nicht die Vielfalt dieses Landes, weiss nicht, wie intensiv solche Vielfalt dieses Land prägt. Die Einwanderer, die verschiedenen Religionen, die unterschiedlichen Farben, die differierenden sexuellen Neigungen bestehen zu jedem Zeitpunkt, treffen aufeinander und hinderten uns nicht, friedlich zusammenzuleben.

Und das ist es, was den Staat Israel auszeichnet, der wie ein Mikrokosmos der Welt ist. Das Schöne ist, dass jeder das Gefühl hat, hierher zu gehören, unabhängig von seiner Religion oder seinem Herkunftsland. Daher können nur diejenigen, die nie in Israel waren, soviel Hass gegenüber Israel oder den Juden empfinden und denken, dass uns das Leid der Anderen egal ist. Doch der Andere lebt zu jedem Zeitpunkt in uns, er ist ein untrennbarer Teil dessen, was wir sind. 

Die Entführten haben die Grenze überschritten, sie sind jetzt wieder zu Hause. Was für eine Freude. Morgen erwarten wir eine sechste Runde.