Yulis Tagebuch, Folge 26


Folge 26

Das Interview (Yocheved Lifshitz und Nurit Cooper)

Die 85-jährige Yocheved Lifshitz und die 80-jährige Nurit Cooper aus Nir-Oz wurden nach fast drei Wochen aus der Gefangenschaft der Hamas entlassen. Zwei Ehefrauen, Mütter, Großmütter. 

Ihre Männer sind in Gefangenschaft geblieben, die Terroristen ließen sie nicht frei. Zwei Großväter, die die Entstehung Israels erlebten, sitzen noch immer als Geiseln in den Händen von Terroristen in Gaza. 

Yocheved Lifshitz und ihr Mann Oded waren Friedensaktivisten. Ein Ehepaar, das viel riskiert hat, um Krebskranke aus Gaza in die Krankenhäuser in Israel zu bringen. Als sie nach Gaza entführt wurden, war das den Gazaers egal – für einen grausamen, entschlossenen und hasserfüllten Feind spielt es keine Rolle, ob ihre Geiseln Rechte oder Linke sind, ob sie an Koexistenz und Frieden glauben oder nicht. Für Terroristen jeder Art ist all das ein großer Blödsinn. Selbst glauben sie weder an Koexistenz noch an Frieden, solche Begriffe gehören nicht zu ihrem Wortschatz. Sie wollen eliminieren. Punkt. 

Sie behandelten Yocheved mit Grausamkeit, als wäre sie ein Objekt. Sie legten sie auf den Motorradsitz und rasten mit ihr durch die Felder bis nach Gaza. Sie schlugen sie so, dass sie kaum noch atmen konnte. Kurz vor der Entlassung aber zeigte Hamas „live“ der Welt ihre Menschlichkeit – durch das Servieren von Süßigkeiten und Kaffee für die entführten Frauen. Zudem hat ein Hamas-Sprecher kommentiert, sie seien trotz der Verbrechen „der Besatzung“ aus humanitären Gründen freigelassen worden. Berührend!! 

Die Verwendung des Wortes „humanitär“ bei Hamas-Sprechern und dieses Zitieren in den Medien weltweit machen mich echt wütend. Und welche Besatzung? Ich verstehe diesen Bezug immer noch nicht. Wie kann ein Staat, der nie existiert hat, behaupten, er sei besetzt worden? Und wie könnte jemand dafür protestieren? Denn den Palästinensern wurde ein Staat mehrmals angeboten und haben nicht sie selbst immer wieder abgelehnt? 

Vor ein paar Tagen hörte ich, dass sich die Muslime des Geburtenmangels im Westen bewusst sind und angesichts des natürlichen Anstieges der arabischen Bevölkerung ist ihnen ebenso klar, was das heißt für die Welt der Zukunft. Verfolgt man den Gedanken, dann ist der logische Schluß, daß selbst wenn es keinen Krieg gäbe, sie die Welt auch so numerisch erobern werden. Dann viel Glück Europa und für die stumme Frauenorganisationen der Welt habe ich noch den Rat: Vergesst bitte nicht, euch ein Hijab für die Zukunft zu besorgen.

Viele der Entführten besitzen eine zweite Staatsbürgerschaft und die entsprechenden Länder intervenieren in Verhandlungen zugunsten ihrer entführten Bürger. Aber es gibt auch dort Menschen ohne zweite Staatsbürgerschaft, und die haben ein „schlechteres Glück“ als die anderen.

Fotocredit: Courtesy Hostages and Missing Families Forum. Yocheved Lifschitz, (left), and Nurit Cooper (right).

Nach ihrer Entlassung ist Yocheved sofort in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Später wurde sie dort noch interviewt. Unter anderem erzählte sie, dass sie zu einer großen Halle gebracht worden sei, wo insgesamt 25 der Entführten gewesen wären. Nach zwei oder drei Stunden teilte man die Gefangenen auf. Fünf Menschen aus dem Kibbuz Nir-Oz brachten sie in einen separaten Raum. Sicherheitspersonal und ein Sanitäter waren ständig mit dabei. Es kam dann ein Arzt und sorgte dafür, dass sie Pillen bekamen. Sie lagen dort auf Matratzen und Personal kümmerte sich um die Hygiene. Der Arzt kam alle zwei oder drei Tage wieder und brachte Medikamente mit. 

Mir war klar, dass Yocheved jedes Wort ihrer Erzählung sorgfältig erwog, war doch ihr Ehemann unverändert in der Hand der Hamas. Die beiden Frauen wurden vielleicht sogar direkt angewiesen, was sie sagen sollen. So oder so wissen die Frauen, dass ihre Worte das Schicksal anderer bestimmen. 

Für manche Journalisten in Israel glich das Interview von Yocheved einem Schuss in‘s Knie.  Die Behauptung lautete, Lifshitz habe die Hamas in einem positiven Licht dargestellt, als ob sich die Organisation um die Gefangenen kümmere, und ein solches Interview könnte außer in Israel falsch interpretiert werden. Manche nannten es „Stockholm-Syndrom“. 

Aber die Hauptfrage ist doch eigentlich: Wie kann es sein, dass zwei alte Frauen, die kürzlich aus der Gefangenschaft entlassen wurden, von Journalisten interviewt werden und kein einziger offizieller israelischer Vertreter ist vor Ort? Wie konnte das Krankenhaus das Interview in dem Moment zulassen? 

80-jährige Frauen, die zweieinhalb Wochen mit Monstern in Höhlen und Tunneln gewesen waren, wohlwissend, daß ihre Männer und Nachbarn immer noch in Gefangenschaft sind (und möglicherweise die Gefangenschaft nicht überleben), dürfen meiner Meinung nach alles sagen. Denn sie verstehen die Gefangenschaft und wissen, was wir nicht wissen. 

Fotocredit: AP- Yocheved Lifshitz am Krankenhaus in Tel Aviv nach ihrer Entlassung (AP)

Eventuell sollten alle offiziell an ihrer Seite stehen, anstatt sich  über ihre Geschichten zu beschweren! Yocheved sah innerlich und äußerlich so gebrochen aus und die Stille, mit der sie ihre Geschichte erzählte, erschütterte mich innerlich. Mir wurde klar, wie schlecht es ihr geht. Aber was könnten wir von unserer Regierung erwarten? Es ist nur ein weiterer Misserfolg in einer Kette von Misserfolgen. Lass sie alle frei, ich bitte Dich, Gott!