Yulis Tagebuch, Folge 8


HAMASisISIS

Nach einigen Tage zu Hause ist mein Sohn allmählich gelangweilt und unruhig. Es fühlt sich für mich langsam so an, als säßen wir alle in einem großen Druckkessel. 

Mein Sohn – wie alle Kinder in seinem Alter – muss einfach die aufgestaute Energie freisetzen. Es tut ihm nicht gut, zu Haus eingesperrt zu sein. Zusätzlich macht es für unsere Mutter-Sohn Beziehung nicht gut. Denn er vermisst seine Freunde, seine regelmäßigen Aktivitäten, Hobbies, kurzum – seinen Alltag. Und ich verstehe es, denn ich vermisse ihn ebenso. 

Wir sind alle frustriert, fühlen uns kaputt. Das Problem für mich als Mutter in solchen Zeiten ist, dass die öffentlichen Parks ganz menschenleer sind, auch die Straßen. Deshalb bin ich zusätzlich unsicher, mit ihm draußen herumzulaufen; es macht mir, und anscheinend vielen anderen Eltern auch, ein bisschen Angst.

Achtung! Wenn jemand diesen Zustand mit der Corona-Zeit vergleichen möchte, dann bitte denkt daran: In Corona-Zeit waren wir zu Hause sehr kreativ; ich habe, wie viele langweilige Eltern weltweit, ganz viel gebacken (deshalb auch an Gewicht zugenommen), Netflix geschaut, die Wohnung neu geordnet usw. Wir trafen uns mit Freunden (es war geheim! …), und wenn möglich saßen wir draußen in den Parks oder gingen sogar am Strand spazieren, um zu entspannen. Es war schwierig, aber eine positive Stimmung herrschte. Die Welt war vereint. Seit der Arche’ Noah saß die ganze Menschheit zum ersten Mal im selben Boot.

Im Gegenteil sind wir zurzeit allein, Feinde kreisen um uns herum, und die liberal-demokratischen Länder sind auch nicht hundertprozentig auf unserer Seite. Eine der größten Demonstranten gerade gegen Israel ist Greta Thunberg. Zurecht macht sie sich Sorgen um das Leben der Schildkröten, der Wale usw. eben alles, was im Ozean lebt. Aber was ist mit unseren Babys? Die Dekapitierung von Babys gilt für sie als grüner Akt?

Genauso wie die akademischen Demonstranten in Harvard oder in Penn, die für Menschenrechte, aber dabei für Terrorherrschaft protestieren. Claudius Seidl schreibt dazu in der FAZ am 25. Oktober: „Es war einer der Momente, da man sich wünschte, dass es nur Dummheit und nicht Bosheit sei.“ 

Ich beziehe mich dabei noch nicht einmal auf die fehlende Solidarität mit den getöteten und vergewaltigten Kindern und Frauen, beklage noch nicht die verabscheuungswürdige Stille der Frauen- und Menschenrechtsorganisationen. Dafür muss ich erst noch Kräfte sammeln.

Greta Thunberg von Greta Thunberg Instagram

Also, grundsätzlich gibt es gerade keine Ausgangssperren oder auch nur eine Empfehlung, zu Hause zu bleiben. Wir können rausgehen, aber es ist einfach beängstigend.

Als die Anzahl der Ermordeten die Tausend überschritt, hörten die Medien auf, die Nummern in groß und rot auf dem Bildschirm zu zeigen. Heute überstieg noch die Anzahl der Entführten die 100 – aber es war nicht die endgültige Anzahl. Und außerdem gibt Tausende Verwundete – aber sie rechnet man nicht als „Opfer“, weil sie körperlich überlebt haben (obwohl sie geistig tot sind).

Es gibt etwas Unvorstellbares an den Geschehnissen des 7. Oktober. Die Gedanken an das Abhacken von Kinderkörperteilen, die dann allein in der Wohnung verbluteten, oder ganze Familien, die zusammen gequält und ermordet wurden; Mama, Papa und 3 Kinder. Das Verbrennen der Leichen der Nova-Jungen in ihren Autos, so dass ihre Identifizierung nur noch an ihren Zehen möglich war, all das und viel mehr macht für mich den folgenden Vergleich irrelevant: Hamas ist wie ISIS? Hamas ist wie die Nazis? Warum braucht man den Vergleich, um zu verstehen? Vergleiche sind relevant, wenn uns die Worte zur Beschreibung fehlen oder es ist zu schwierig oder unmöglich festzuhalten, worum es geht. Hier wird alles „live“ übertragen, ohne Zensur, ohne Kommentar.

Ok. aber ganz kurz! ISIS: Die meisten ISIS-Mitglieder waren keine ausgebildeten oder erfahrenen Kämpfer. Die meisten von ihnen waren Jungen aus Europa, und aus anderen Ländern, die einer Idee folgten. Ihnen wurde eine Waffe gegeben und damit waren sie bereit, zu töten und getötet zu werden. Die geringen Kampffähigkeiten bewährten sich auch mit der schnellen Eliminierung der Organisation und das Zurückkehren der Jungen nach Hause.

Die Autos vom Nova Festival, Foto: Moshe Shay, (publiziert in der Zeitung Israel Hayom, 24.01.2024)

Die Nazis: Im Vergleich zur Hamas wussten die Nazis vor allem, dass sie Verbrechen begingen, und versuchten, diese zu verbergen. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs der Unterschiedlichkeiten. Stimmt es, dass die gesamten Gruppen Menschen gerne dekapitierten?

Meiner Meinung sind die Geschehnisse von 7. Oktober viel schlimmer: Eine Armee wenn auch klein, gut ausgebildete Kommandokämpfer, ausgestattet mit Waffen und Kampffähigkeiten, drang in die Häuser der einfachen Menschen und selbst in deren Kinderzimmer, um sie in eine Hölle zu verwandeln. Währenddessen saßen Menschen weltweit vor dem Fernsehschirm mit Popcorn und Getränken, sich das alles gern anschauend. Ich persönlich brauche solche Vergleiche nicht.