„Du bist gemeint! Nicht der neben Dir. Komm!“


Der 7. Oktober 2023 wird als Datum in die Geschichtsbücher eingehen.

Der Überfall der HAMAS-Terroristen mit seinen bis dahin nicht für möglich gehaltenen Greueltaten gegen offensichtlich wahllos aufgegriffene Opfer auf dem Boden Israels, der von Anfang an weit davon entfernt war, ein Krieg im herkömmlichen Verständnis zu sein, sollte offensichtlich einen Flächenbrand auslösen. Und scheinbar geht dieses Kalkül insoweit auf, als die Welt den Atem anhält, und ebenso gebannt wie untätig wartet…

Die zunächst allerorten dominierende uneingeschränkte Welle der Empörung und der bedingungslosen Solidarität mit Israel ist seither, wozu Israel mit seiner Reaktion gewiss auch plausible Gründe liefert, abgeebbt – statt dessen mischt sich  zunehmende Kritik in die Stellungnahmen und ein Ende der Katastrophe scheint ferner denn je.

Was freilich unverändert bestürzt und nicht zu akzeptieren ist, sind die propalästinensischen Demonstrationen, die die barbarischen Akte der Terroristen noch immer feiern und skandieren, dass der Staat Israel zu vernichten ist. 

Die Forderung des Tages heute kann nur lauten: Beendet, und dies richtet sich ausdrücklich an alle in diesen Kampf verstrickte Seiten, den Kampf, findet angesichts der sich mittlerweile türmenden Berge von Leichen, von unzähligen sich gegenseitig zugefügten Wunden und von körperlichen und seelischen Schmerzen, die Kraft, jene Bitte zu erfüllen, die seit Monaten zur vielleicht bekanntesten Losung dieser Auseindersetzung geworden ist: „Bringt sie heim!“

Das gilt als Forderung des Tages für die unverändert festgehaltenen Geiseln der HAMAS ebenso wie für alle aus ihren Wohnungen vertriebene Menschen, in Gaza, in Israel und andernorts.

Selbst im schlimmsten Fall, wenn es nur noch ein Leichnam ist, verdient er, nach Hause zu kommen. In den fürchterlichsten zwölf Jahren der deutschen Geschichte, und auch schon zuvor während des Ersten Weltkrieges, starben unzählige Menschen nicht in ihrem Bett. Sie wurden nicht selten grausam getötet, irgendwohin beiseite geschafft, unkenntlich gemacht, zerstückelt, als Asche in den Massengräbern der Schlachtfeldern Europas verscharrt. Es waren einmal Menschen, die vergast, verbrannt, zu Mehl zermahlen, zu Seife verkocht worden sind. Sie kamen nicht zurück, viele sind gänzlich spurlos von dieser Welt verschwunden und dadurch wurden noch größere Wunden geschlagen als durch einen gewissen Tod.

In der 1948 in Stuttgart herausgegebenen Schrift Euch mahnen die Toten wird berichtet, wie ein zum Tode Verurteilter kurz vor seiner Hinrichtung in Berlin-Plötzensee im letzten Brief schreibt, dass er „diesen letzten Gang mit einem freudigen Lachen“ gehen wird, da er eine Zukunft voraussieht „frei von Haß und voll von Liebe …, in der die Sonne ohne Unterlaß scheint“… „Er sterbe in der Gewißheit, sein Kampf und der vieler anderer sei nicht umsonst gewesen! „

Es war der Glaube, dass diese Welt nun genug Elend gesehen und erlebt habe, um daraus die Kraft zu schöpfen, sich von der Geisel des Krieges, der Gewalt, des Hasses zu befreien.

Wenn wir heute solche letzten Gedanken lesen – und derer gibt es genug –, müssten wir uns da nicht täglich, stündlich beschämt fragen: „Was ist aus den Hoffnungen dieser Toten geworden? Sind sie denn alle (schon wieder) vergessen? Wie kann es geschehen, dass man heute in Deutschland Losungen auf den Straßen und während offiziell genehmigter Zusammenkünfte skandieren darf, die Juden eingestehen ließen, dass sie sich in diesem Land nicht mehr sicher fühlen? Sind wir denn von allen guten Geistern verlassen?“

Wir müssten doch zu Hunderttausenden aus den Häusern drängen, unsere Arbeit liegen lassen und uns zusammen gegen diesen Dreck wehren, ihm Einhalt gebieten, ja, mit Wasser  und Besen gegen ihn zu Felde ziehen. Denn auch hier, gerade hier, gilt doch noch immer, vielleicht mehr als je zuvor, der Aufruf des namhaften Intellektuellen, den er zugleich zum Titel seiner Streitschrift bestimmte: „Empört Euch!“

Aber was geschieht …? Kleine Grüppchen von mutigen Menschen wagen es,  friedlich gegen all die Ungeheuerlichkeiten zu demonstrieren! Da sieht man keine eskortierende Polizei, auch keine mediale Begleitung. Sie wirken verunsichert und warten auf etwas … und dieses etwas wäre , dass „wir wie das Meer, dass seine Dämme bricht“ zu Ihnen eilen würden und die Wälle würden brechen!

Demonstration in Innsbruck am 07. Juli 2024 (Foto privat)

Auf Dich, auf uns kommt es an!!! Jetzt gilt, dem gegenseitigen Hinschlachten Einhalt zu gebieten, Leben zu retten und den Ruf nach Frieden unüberhörbar zu skandieren – und damit auch die vielen Toten, die für uns und für eine hellere Welt gestorben sind, nicht zu verraten!

aus: Social Media. Ein israelischer Vater in Washington, dessen Sohn im Krieg getötet wurde…