Schäm Dich!
(für die Kinder von Maidal Shams)
In dieser Folge geht es um Netanyahus Rede am vergangenen Mittwoch, den 25. Juli 2024. Die Rede, die er im Kongress sie Vereinigten Staaten von Amerika hielt, erhielt vor allem von Anhängern der Republikanischen Partei viel Applaus. Um den Kongresssaal zu füllen, wurden große Tische aufgestellt, damit der Saal nicht leer aussah, weil viele Mitglieder der Demokratischen Partei abwesend waren. Und bevor ich meine Kritik an Netanyahu übe, möchte ich darauf hinweisen, dass die Abwesenheit der Demokraten dennoch unangemessen war.
Ich vermute, dass die meisten von Euch Netanyahu nicht mögen, ich auch nicht. Und ich verstehe, dass die Demokraten ihre Wähler, die letztens „From the River to the Sea“ gerufen haben, in der kommenden Wahl nicht verlieren wollen. Aber als politischer Standpunkt und als Symbol für die Demokratie in einer Zeit des Krieges gegen den internationalen Terrorismus ist das einfach falsch. Weiterhin, die Demokraten und vor allem Kamala Harris, hätten anwesend sein müssen, für Noa Argamanidie, die im Saal saß. Über acht Monate war sie in der Gefangenschaft, ihr Partner ist immer noch dort und ihre Freunde wurden auf dem Nova Festival ermordet. Sie hätten anwesend sein müssen, um Solidarität und Unterstützung vor allem mit den Opfern und mit denen, die noch dort sind – Frauen, Kinder, Babys – auszudrücken. Denn es gibt eine Botschaft, die nichts mit Netanyahu zu tun hat: die Unterstützung für Freiheit, Demokratie und Frieden. Selbst wenn Kamala Harris gewählt würde, wird sie bestimmt Israel genauso unterstützen wie Biden. Im Nahen Osten kommt man ohne Freunde nicht aus, und Israel braucht sie ebenfalls.
Damit zurück zu Netanyahu. Er hielt die Rede um 14 Uhr nachmittags in Washington, in Israel war es bereits 22 Uhr. Er richtete die Rede nicht an uns Israelis, sondern sein Ziel war es, die Unterstützung und die Sympathie der Amerikaner zu gewinnen. Und es stimmt, dass die Rede viel Applaus erhielt, sowohl von rechts als auch von links, aber die Unverschämtheit, für sich Politik zu machen, während Israel im Krieg ist, ist unverzeihlich.
In Israel tritt Netanyahu kaum in den Fernsehsendern auf. Wie Putin wird er nicht interviewt, wahrscheinlich weil er keine Antworten hat. Er weiß, daß er schuldig ist. Und er ist sich bewusst, weder er noch seine Politik interessieren jemand, jedoch macht sie uns gleichzeitig Sorgen. Die Entführten und die Opfer des Krieges, diejenigen, die seit fast einem Jahr aus ihren Häusern evakuiert wurden, sie sind eine Randerscheinung für ihn. Und deshalb hat er hier kein Publikum und keine Zuhörer und er ist deshalb in die USA gegangen. Aber zu den Entführten sagte er nichts.
Noa Argamani (war Geisel der Hamas und wurde am 8. Juni 2024 befreit) kam mit Netanyahu zusammen in die USA um ein Abkommen zu fordern und auch um ihre Unterstützung für Netanyahu der Welt zu zeigen. Dies geschah auf seine Bitte hin. Die Tochter eines Israelis und einer Chinesin wurde damit zum zweiten Mal Opfer des Versagens Netanyahus.
Zudem fand ich die Verwendung der eingängigen Worte der Deradikalisierung und Entmilitarisierung und den Bezug auf Deutschland 1945 im Kontext des Gaza-Krieges falsch und schlecht. Ich weiß es noch, daß Deutschland zehn Jahre später der NATO beitrat und wieder zu einer Waffenmacht geworden ist. Weiter versprach er einen Iran ohne Kernwaffen und verkündete: „Wir haben Hamas unterworfen.“ Das weckt erhebliche Zweifel, ob Netanyahu die Realität wirklich wahrnimmt.
Netanyahu sollte einfach aufhören mit dem, was er gerade tut und die Verantwortung an jemand anderen übergeben. Und Ihr, amerikanische Freunde, hört auf, ihn kommen zu lassen, um bei Euch eine Rede zu halten. Das ist einfach lächerlich und löst sowohl bei Euch,
als auch bei uns Ablehnung aus. Netanyahu vertritt Israel nicht, er hat das Land 17 Jahre lang im Stich gelassen, solche Veranstaltungen berauben uns der Möglichkeit, einen würdigen Führer zu finden.